Kampf um Anerkennung

Bericht im St.Galler Tagblatt zur vergangenen Informationsveranstaltung zum Durchgangsplatz. 

Am 5. Juni stimmt Gossau über den Durchgangsplatz für Fahrende ab. An einem öffentlichen Infoanlass standen die Befürworter Red und Antwort. Die Gegner hakten kritisch nach.
ANGELINA DONATI
GOSSAU. «Bezahlen Fahrende Steuern?», «Lassen sich an einem Durchgangsplatz nicht automatisch auch Roma nieder?», «Wäre das Breitfeld kein idealer Standort?» – Fragen über Fragen, die das 40köpfige Publikum am öffentlichen Infoanlass in die Runde warfen. Den Grossteil bildeten Parlamentarier, die sich am Dienstagabend im Andreaszentrum eingefunden hatten. Wie Ruedi Blumer, Präsident der SP Gossau-Arnegg, feststellte, gebe es nach wie vor viele Unklarheiten, Ungereimtheiten sowie Vorurteile gegenüber den Jenischen, einer Schweizer Minderheit.

Parolen noch nicht gefasst
Erst beabsichtigten SP, CVP und das Initiativkomitee einen überparteilichen Anlass zu organisieren. «Ausser der SP hatte aber niemand Lust, heute abend eine Parole zu fassen», so Ruedi Blumer. Kurzerhand entschied man sich, einen reinen Informationsanlass durchzuführen. So kamen die Befürworter zum Zug, vertreten durch Stadtpräsident Alex Brühwiler und Ueli Strauss vom Kanton sowie Willi Gruber, Jenischer.

Bis ins Detail geregelt
Ob es um eine Recyclingfirma gehe, um eine Deponie oder einen Durchgangsplatz für Fahrende: «Die Leute wollen nichts in ihrer Nähe haben», sagte Ueli Strauss, Leiter Amt für Raumentwicklung und Geoinformation (AREG) des Kantons St. Gallen. In früheren Zeiten durften Fahrende noch eher spontan Halt machen. Nach und nach wurden sie verdrängt. Gossaus Stadtpräsident erinnert sich noch gut an frühere Stadtratssitzungen, die im Sommer bei offenem Fenster abgehalten wurden. Gleichzeitig spielten Jenische auf der Bundwiese Handorgel. «Das Zusammenleben war doch unproblematisch», sagte Brühwiler.

Jetzt aber, da Durchgangsplätze in den Kantonen geschaffen werden sollen, gebe es plötzlich grossen Aufstand, wie am Informationsanlass bemerkt wurde. Dabei ist laut Strauss alles geregelt: Der Platz reiche für zehn Wohnwagen, die Fahrenden dürfen maximal einen Monat bleiben und bezahlen pro Tag und Wohnwagen zwölf Franken Miete, exklusive Nebenkosten und Depot. «Eine kostendeckende Lösung», betonte Strauss.

Noch keinen Durchgangsplatz
Den Kantonen, und damit auch den Gemeinden, sitze derweil der Bund im Nacken und mahne, endlich vorwärts zu machen, sagte Strauss. Nebst den drei Standplätzen, die im Kanton St. Gallen realisiert werden konnten, soll an der Wehrstrasse in Gossau-Ost der erste Durchgangsplatz geschaffen werden. Nachdem das Gossauer Parlament die Umzonung in eine Intensiverholungszone abgelehnt hatte, sammelte ein Initiativkomitee unter Federführung der SP über 1000 Unterschriften, worauf es nun am 5. Juni zur Volksabstimmung kommt.

Vorreiterrolle übernehmen
Das Grundstück mit einer Fläche von rund 1900 Quadratmetern sei ideal gelegen, sind sich Brühwiler und Strauss einig. «Wegen Nutzungskonflikten» sei hingegen das Breitfeld nicht geeignet, antwortete Strauss einem Votanten. Auch die Fahrenden selbst würden sich über das Gebiet an der Wehrstrasse glücklich schätzen, bestätigte Willi Gruber.

Gruber erklärte zudem, dass Jenische, wie alle anderen, Steuern zahlen, verrechnet werden diese von der Gemeinde, bei der sie angemeldet seien. Ausserdem würde der Platz in Gossau vorwiegend von Schweizern genutzt. «Roma mit ihrem Konvoi von über 40 Wohnwagen benötigen mehr Platz.» Gruber ist überzeugt, dass Gossau mit der Abstimmung eine Vorreiterrolle übernimmt und mit einem Ja der ganzen Schweiz zeigen könne, dass die Jenischen und ihre Lebensweise anerkannt werden.

Quelle: http://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/gossau/tb-go/Kampf-um-Anerkennung;art191,4619310

 

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